Im letzten Jahr konnte die keramische Werkstätte Angermayer eines der bedeutendsten Projekte Europas der letzten Jahrzehnte im Bereich der Rekonstruktion historischer Kachelöfen erfolgreich abschließen.
Das Dresdner Schloss ist ein Renaissancebau in der Innenstadt von Dresden. Es war der Sitz des Dresdner Hofs und Residenzschloss der sächsischen Kurfürsten (1547–1806) und Könige (1806–1918). Das Residenzschloss ist eines der ältesten Bauwerke der Stadt und baugeschichtlich bedeutsam, da alle Stilrichtungen von Romanik bis Historismus ihre Spuren an dem Bauwerk hinterlassen hatten. Die Anlage wurde bei einem Luftangriff im 2. Weltkrieg komplett zerstört.
Nach dem Krieg wurde die Ruine, in DDR-Zeiten, zunächst gesichert. Seit den neunziger Jahren wird das Schloss als Museumskomplex abschnittsweise wiederaufgebaut. Es beherbergt heute fünf Museen von internationalem Rang.
Mit der Wiedereröffnung der originalgetreu rekonstruierten Paraderäume 300 Jahre später, erreicht der Wiederaufbau des Residenzschlosses Dresden nach 33 Jahren seinen glanzvollen Höhepunkt.
Originalöfen waren zerstört
Im Eckparadesaal, dem auch als Ecktafelgemach genutzten Auftaktraum der Raumgruppe, wurden im Jahre 1767 zwei große baugleiche Öfen in extra dafür geschaffenen Stuckmarmornischen aufgestellt. Auch diese Öfen wurden 1945 beim Luftangriff zerstört, lediglich eine eiserne Ofentür eines Feuerungskastens konnte im Trümmerschutt geborgen werden. Bei den verlorenen Originalöfen handelte es sich um sogenannte Aufsatzöfen, also Öfen mit keramischen Aufsätzen auf den aus gusseisernen Platten zusammengesetzten Feuerungskästen. Die originalen Öfen wiederum standen auf jeweils acht Sandsteinfüßen in Dockenform. Die Aufsätze bestanden aus je sechs reich profilierten und ornamentierten großformatigen Einzelteilen, die weiß glasiert und mit polimentvergoldeter Ornamentik versehen waren. Derartige Prunköfen, welche auch als Paradeöfen bezeichnet wurden, hat man vor allem in der Zeitepoche des Barock- und Rokokostils in Sachsen gefertigt. Die Art und Formensprache der Öfen sind mit österreichischen Öfen nicht vergleichbar und besitzen eine komplett andere Ausdrucksform.
Nach historischen Fotos rekonstruiert
Glücklicher Weise existieren von den beiden Öfen mehrere ausgezeichnete historische Fotografien, welche eine maßgerechte Auswertung gestatten sowie ein historisches Aufmaß von 1870 und der originale Entwurf von 1767. Dies waren die Vorlagen, nach welchen die Öfen rekonstruiert werden konnten. Bei dieser anspruchsvollen Arbeit war es notwendig, dass Zwischen- oder Teilergebnisse der Arbeit in Varianten regelmäßig vorgestellt und vor der Weiterarbeit durch den Auftraggeber oder dessen Vertreter bestätigt werden mussten. Hierzu zählten vor allem die Modellentwicklung mit Schwerpunkt der Bildhauerarbeiten, die Musterflächen für Glasur und Vergoldung bis hin zur Brünierung und Farbfassung der Dockenfüße.
Details im Maßstab 1:1
Diese Abstimmungen erfolgten meist in Dresden aber auch in der Werkstätte Angermayer in Eberschwang. Es wurde von jedem einzelnen Detail im Maßstab 1:1 eine Detailzeichnung angefertigt, danach ein Tonmodell und ein Ausführungsmodell angefertigt. Zwischen den einzelnen Schritten waren Besprechungen über die Ausführungsdetails. Eine große Herausforderung stellte die damalige Arbeitsweise der sächsischen Keramiker dar. Die Öfen wurden nicht wie heute üblich in einzelnen Kacheln gefertigt, sondern in ganzen Ringen. Dies bedeutet, dass jeder der Öfen aus nur sechs keramischen Einzelteilen besteht – sozusagen jede Kachelreihe einer großer Kachelkranz.
Weiters war es schwierig die Arbeitsweisen und Formensprache aus dem 18. Jhd. zu übernehmen, da viele Dinge welche für das heutige Auge eines Handwerkers als ungenau oder fehlerhaft wirken, genau das Erscheinungsbild eines authentischen, der Zeit entsprechenden Ofens ausmachen. Nur unter Berücksichtigung dieser Details ist es möglich eine im Gesamtkonzept passende Reproduktion anzufertigen.
Auch die Anfertigung der aus Gusseisen bestehenden Heizkästen musste von uns koordiniert und überwacht werden, wobei wir hier eine sehr gute Kunstgießerei ausfindig machen konnten. Die Vergoldungsarbeiten erfolgten durch eine Vergoldermeisterin. Sie wurden in der damals wie heute aufwendigsten Art, nämlich der Polimentvergoldung, angefertigt. Aufgestellt wurden die Öfen ohne Heizfunktion als Attrappe.
Prestigeprojekt
Christoph Angermayer: „Es war für unsere gesamte Firma eine sehr große Ehre diese Öfen für das renommierteste Rekonstruktionsprojekt, welches derzeit in Europa realisiert wird, anfertigen zu dürfen. Gerne würde ich Ihnen, liebe Leser, nahelegen die wunderschöne Elbstadt Dresden zu besuchen und bei dieser Gelegenheit „unsere“ Öfen im Museum des Residenzschlosses zu besuchen.“
Fotos: © Angermayer