Mit Humor und Handschlagqualität

Frauen sind in der Hafnerbranche eine rare Spezies, dafür aber umso stärkere Persönlichkeiten. Hier stellen wir in bunter Reihenfolge österreichische Meisterhandwerkerinnen vor, die sich dem schönen und traditionsreichen Hafnerhandwerk widmen, diesmal Sieglinde Schelch.

Eingebettet in die lieblichen Hügel des steirischen Vulkanlandes liegt auf einer Anhöhe weithin sichtbar der Ort Straden. Unweit davon liegt Sieglinde Schelchs Betrieb mit wunderbar weitem Blick ins Land.

Kleiner Umweg zur Hafnerei

Die Hafnerin mit dem herzlichen Händedruck kam über einen kleinen Umweg zur Ofensetzerei. Schon in der Volksschule wusste Sieglinde, dass Sie einmal Töpferin werden möchte. Und deshalb durfte sie bereits während der Schulzeit bei einer Keramikerin in Straden erste Erfahrungen sammeln. Nach der Pflichtschule machte sie eine Keramiker Lehre. Dass sie dann Hafnerin geworden ist, hat aber eigentlich ihr Lehrmeister im Betrieb entschieden. Er hat sich von seinen Lehrmädchen das kräftigste ausgesucht, eine die sich vor schwerer Arbeit nicht scheut. Sieglinde eben. Dabei wollte die junge Steirerin ja Töpferin werden. Bei ihrer ersten Ofenbaustelle war sie dann aber schnell überzeugt: „Als Töpferin sitzt du in deiner Werkstatt und wartest bis wer kommt. Da ist Ofenbauen etwas ganz anderes: Man lernt neue Leute und Häuser kennen, lebt eine Woche lang fast mit seinen Auftraggebern zusammen und baut als Spezialhandwerker etwas ganz Besonderes.

Nach der Lehre wollte Sieglinde Schelch in einem Hafnerbetrieb arbeiten. Doch dort wollte man nur männliche Mitarbeiter. Also ging sie nach Oberösterreich, um dort einige Jahre als Keramikerin zu arbeiten. „Ich habe dort so viele Großserien gedreht, dass ich am Ende den Sinn in meiner Arbeit nicht mehr gesehen habe. Dadurch war auch die Zufriedenheit weg. Ich kehrte in die Steiermark zurück und arbeitete als Hafnerin.“

Ab in die Selbständigkeit 

Nach erfolgreicher Meisterprüfung 1997 gings ab in die Selbständigkeit und sie gründete am elterlichen Hof im Ortsteil Waasen ihren Betrieb. Das Anwesen besteht aus mehreren Gebäuden, die alle liebevoll renoviert sind und sowohl die große Werkstatt als auch einen  Ausstellungsraum für Keramik beherbergen. Und natürlich die Wohnräume für die Familie. 

Beruf und Garten Hand in Hand 

Bei Sieglinde Schelch gehen Beruf und Garten Hand in Hand. Eines inspiriert das andere. Der alte Kastanienbaum wird zum Holzdeckel der Keramik-Brotdose, Gräser und Blätter hinterlassen ihre Abdrücke auf den Ofenfliesen. Umgekehrt wird der Ton zu Pflanztöpfen, Vogeltränken und bunten Gartenkugeln. Und genau die tauchen im romantischen Innenhof und im Garten auf. Der Garten gibt noch dazu jede Menge Rohstoffe für die leidenschaftliche Köchin her – zu unserem Gespräch servierte sie frische Nusspotitzen direkt aus dem gesetzten Holzherd. 

Wunschöfen vom Land

Ihre Kunden bekommt sie hauptsächlich durch Mundpropaganda. Viele suchen einen kleinen Handwerksbetrieb vom Land. „In manchen Familien meldet sich jetzt schon die 2. Generation bei mir.“ freut sich die Hafnermeisterin. „Und ganz Mutige fragen direkt an“ fügt sie mit einem schelmischen Lächeln hinzu. Bis nach Zell am See hinein hat Sieglinde Schelch schon Öfen gesetzt, darunter auch größere Anlagen, wobei sie fast ausschließlich selbstgemachte Kacheln verbaut. Gelegentlich werden diese auch mit dem Kunden gemeinsam hergestellt. Die erste Besprechung findet entweder auf der Baustelle oder bei ihr im Betrieb statt. Stets fertigt Sieglinde Schelch nach den Wünschen und Bedürfnissen der zukünftigen Besitzer, sowie auf deren Wohnsituation abgestimmt, ein Ofenmodell aus Ton im Maßstab 1:10. Im Vordergrund stehen einfache Formen und klare Linien. Ein Ofen à la Sieglinde Schelch wird sich im Raum nie aufdrängen und doch immer Blickfang sein – zeitlos und elegant.

Auf der Baustelle solo

Das Ofensetzen erledigt die Hafnermeisterin alleine, ohne Helfer und ohne Stress. Diese Ruhe beim Arbeiten überträgt sich auch auf die Kunden und wird von ihnen sehr geschätzt. Das erste Einheizen ist nach wie vor etwas Besonderes und Startschuss für viele Fragen. Wenn sie gerade nicht arbeitet, verbringt Sieglinde Schelch Zeit mit ihrer Familie und kocht, bäckt, gräbt in der Erde und fährt Motorrad.

kR auf Facebook