Tolles Ergebnis trotz schlechter Bedingungen

Bei den Österreichischen Staatsmeisterschaften 2018 erreichte unser Teilnehmer Florian Franz Scheucher aus Gnas in der Oststeiermark den 1. Platz und war Österreichischer Staatsmeister 2018. Wie üblich wurde Sieger aus diesem Bewerb zu den WorldSkills 2019 geschickt. Der 2. aus diesem Bewerb nimmt an den EuroSkills 2020 teil.

Die diesjährigen WorldSkills fanden in Kazan/Russland statt. Um an diesem Wettbewerb teilnehmen zu können, musste natürlich auch ausreichend und gezielt dafür geübt, bzw. trainiert werden. Wir mussten einen geeigneten Übungsplatz finden. Dies war diesmal ganz leicht, hatten doch die Eltern von Florian eine sehr große Halle mit Wasser und Stromanschluss. Fliesen für die Übungen wurden aus den Resten der Staatsmeisterschaften 2018 in Graz verwendet. Das erforderliche Ytongmaterial stellte sein Arbeitgeber kostenlos zur Verfügung (Danke!). Fliesenklebemörtel und Estrich wurde von der Firma Mapei kostenlos zur Verfügung gestellt (Danke!). Die vorhandenen Werkzeugboxen wurden genau überprüft und die fehlenden Werkzeugteile nachbeschafft. Für den Werkzeugtransport mussten alle Werkzeuge fotografiert und eine Liste, Foto + Beschreibung erstellt werden (ein wahnsinniger Zeitaufwand). 

Problematischer Zeitplan

Dann wurde ein Zeitplan fürs Trainieren erstellt. Für Vorbereitungsübungen habe ich immer ca. 40 Arbeitstage vorgesehen. Mein Vorschlag war, dass Florian in einer 4-Tage Woche seine erforderlichen 40 Stunden bei seinem Arbeitgeber macht. Doch dieser pochte, er müsse unbedingt 5 Tage arbeiten. Ich intervenierte sehr intensiv, doch war sein Arbeitgeber nicht bereit, auf meinen Vorschlag einzugehen. Meistens kam Florian am Freitag erst gegen 14:30 Uhr müde nach Hause. Somit waren die Freitage keine guten Übungstage. Was sich dann leider bei dem Wettbewerb ausgewirkt hat.

Großes Team Austria

Österreich hatte ein sehr großes Team. Es starteten 46 Teilnehmer und 42 Experten in 42 Berufen. In Kazan angekommen, fuhren wir am 18. August mit Shuttlebussen zum Wettbewerbsgelände zur Akkreditierung. Der Wettbewerbsort liegt ca. 30 km außerhalb der Stadt auf einem Gesamtareal von 75 Hektar. Sämtliche Wettbewerbshallen waren komplett neu errichte worden – ganz toll! Am Nachmittag gab es einen Ausflug auf Einladung des russischen Veranstalters. Hervorragend organisiert, was allen Experten dort geboten wurde.

Am Montag den 19. August fand wie üblich vorerst die Vorstellung aller Experten , bei der ich meine fachliche Qualifikation bekanntgab, wie sie in den technischen Beschreibungen von WorldSkills gefordert wird. Von den 25 Experten, inklusive Chiefexperten und dessen Stellvertreter, haben übrigens höchstens 8 Experten diese in der Beschreibung geforderte fachliche Qualifikation… 

An den folgenden Tagen wurden sämtliche für den Wettbewerb erforderlichen Vorbereitungen erledigt. Am 22. August um 19:00 Uhr war dann die Opening Ceremony mit tollem Showprogramm im Fußballstadion von Kazan mit ca. 25.000 Personen. Es wurden die Teilnehmer sämtlicher Nationen präsentiert, ca. 1.400 Personen. 

Schlechtes Projekt, schwacher Manager

Am 23. August begann der Wettbewerb mit 25 Teilnehmern aus verschiedensten Nationen in unserem Beruf. Das zur Ausführung kommende Projekt wurde den Teilnehmern bereits am 21. August für 20 Minuten gezeigt, die Experten durften es nicht sehen. Für so einen Wettbewerb war das Projekt äußerst schlecht. Auch die Details waren eine Katastrophe. Ein Detail im Maßstab 1:5, ein anderes Detail im Maßstab 1:1,5 usw. Dieses Projekt wurde vom Skills Competition Manager, David McCay, einem Nordiren, entwickelt. Ca. 70 Minuten nach Beginn beschwerten sich einige Teilnehmer, dass die im Plan angeführten Maße nicht zusammenpassen. Nach kurzer Kontrolle durch den Competition Manager wurden diese Arbeiten abgebrochen. Es gab dann lange Diskussionen. Um 13:30 Uhr wurde wieder gestartet und die Teilnehmer mussten bis 20:00 Uhr arbeiten. In den bereitgestellten Plänen wurden die Maße durchgestrichen und mit Filzstiften handschriftlich ersetzt. So etwas hat es noch nie gegeben. Viele Teilnehmer waren geschockt, was man an deren Leistungen merkte. Nach Beendigung dieser Arbeiten sollte noch bewertet werden. Dies wurde von allen Experten abgelehnt. Eine Farce. 

Schwierige Arbeitsbedingungen

Am 24. August wurden den Teilnehmern wieder 1 Stunde vor Beginn des Wettbewerbes die Pläne für die 2. Wand übergeben, um ca. 17:30 Uhr begann man mit den Bewertungen der Wand A, danach der Wand B. Am 25. August wurden wieder 1 Stunde vor Beginn die Pläne für die Stufen und den Boden übergeben. An diesem Tag wollten mehrere Teilnehmer Vorarbeiten für den letzten Arbeitstag machen und wollte man dieses verbieten. Nach kurzer Besprechung unter den Experten wurde dann doch erlaubt, dass für die kleine Wand Vorarbeiten gemacht werden dürfen. Um ca. 17:30 Uhr war dann wieder Bewertung der Stufen und des Fußbodens. Auch am 26. August wurden 1 Stunde vor Beginn die Pläne für die kleine Wand übergeben. Dies war die schwerste Arbeit und waren dafür nur 4 Arbeitsstunden vorgesehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Competition Manager eine Ahnung vom Fliesenverlegen hat. Für solche doch sehr schwierigen Arbeiten sind einfach 4 Arbeitsstunden zu wenig. Es wurde von allen Teilnehmern extrem schnell gearbeitet. Natürlich war auch die Fehlerquote sehr hoch. Um 13:00 Uhr war dann Schluss. Die Teilnehmer mussten ihre Werkzeuge einpacken. Dann wurde vom russischen Zoll noch kontrolliert, ab nichts Illegales eingepackt wurde. Anschließend wurde die letzte Bewertung vorgenommen. Es wurden alle Ergebnisse in das Internetprogramm von WorldSkills eingegeben, ich musste diese kontrollieren und mit Unterschrift bestätigen. 

Medaillon for Excellence für Florian 

Bei den Bewertungskontrollen musste ich feststellen, dass doch einige Fehler mehr als ich erwartet habe, passiert sind. Es soll keine Entschuldigung sein, dass aber bei diesem sehr hohen Arbeitstempo Fehler passieren können, ist nicht auszuschließen. Hier hat sich gezeigt, dass ein faireres Training (und nicht am Freitag ab 15:00 Uhr, wenn der Teilnehmer schon müde ist) leider nicht möglich war. Unser Teilnehmer Florian Franz Scheucher erreichte ein Medaillon for Excellence, das bekommen jene Teilnehmer, die sehr nahe an den Medaillenrängen sind.

Gemischtes Fazit

Zusammenfassend muss ich feststellen, dass dies die allerschlechtesten WorldSkills die ich je erlebt habe, waren. Die von WorldSkills vorgegebenen Beschreibungen, welche sehr gut sind, wurden nicht eingehalten. Das zur Ausführung kommende Projekt wurde ganz sicher von keinem wirklichen Fachmann erstellt. Leider wurden auch Experten bei den Bewertungen eingesetzt, welche keine praktische Erfahrung haben. Auch da wurden sehr viele Fehler gemacht. Bei unserem Teilnehmer waren die Bewertungsfehler sehr minimal und sie wurden durch meine Reklamation richtiggestellt.

Es ist sehr bedauerlich, dass ein solcher Wettbewerb, bei dem sämtliche Vorkehrungen und Bedingungen – komplett neu errichtetes Areal – und auch organisatorische Vorbereitungen allerbestens waren, durch unfähige Personen als schlecht hingestellt werden muss.

Selbstverständlich habe ich diese Missstände an die obersten Personen von WorldSkills weitergeleitet. Am nächsten Tag bekam ich Antwort und versicherte man mir, in Zukunft wesentlich besser zu agieren. Bei Bedarf werde man meine Vorschläge aufgreifen und mich auch zur Beratung einladen.

Autor: SV Rudolf Weisz,
Tel.:  0664 / 311 62 12,
e-mail: R.WEISZ@BKF.AT         

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