Marmor, Stein und Farbe

Optimistische Stimmung, entspannte Atmosphäre, viel Platz zum Flanieren zwischen schicken Ständen und ausgefallene Produkte prägten die internationale Fliesenmesse Cevisama im spanischen Valencia. kR war für Sie vor Ort und hat die spannendsten Neuheiten mitgebracht.

Vorbei sind die Zeiten, als die Hersteller noch auf möglichst perfekte Imitationen von Naturmaterialien wie Stein, Leder, Textil, etc. bei ihren Fliesen stolz waren. Seit dem Einzug der ink-jet Technologie ist das nichts Außergewöhnliches mehr obwohl es auch hier noch große Qualitätsunterschiede gibt. 

Roca ließ sich bei diesen Großformaten in gezoomter Optik vom brasilianischen Paraná-Gestein in der Farbe des Jahres 2020 – blau! – inspirieren.

Neues Selbstbewusstsein

Auffallend ist vielmehr, dass die Fliese zurück zu sich selbst findet und diese Rückkehr zu den Wurzeln mit einem neuen Selbstbewusstsein feiert. Und so setzen die neuen Trendsetter Akzente: prononcierte Optiken, erlesene Oberflächen und Dekorationen, kraftvolle Farben, durchdachte Formatmodule und immer wieder innovative Hingucker. Marmor in all seinen Facetten beherrschte absolut die Angebotspalette. Neben Wand und Boden werden auch Möbel oder Küchenarbeitsplatten im edlen Naturstein-Look verkleidet. Ob der österreichische Handel diesen Trend tatsächlich aufgreift und wie er bei den Endkunden ankommt wird die Zukunft zeigen! Für den Objektbereich tun sich auf jeden Fall neue Gestaltungshorizonte auf. Übrigens: Holz und Vintage-Optiken stehen nicht mehr so im Vordergrund wie in den letzten Jahren, sondern werden faktisch in jedem Sortiment vorausgesetzt.        

Wandfliesen-Hersteller Fanal strebt in den DACH-Markt und punktet mit grafischen Goldhighlights und Perlglanzeffekten.

Ein Hauch von Sixties

Der edle Stil der Sechzigerjahre mit seinem häufigen Einsatz von Naturstein beherrscht aktuell die Fliesenoptiken und verleiht Steinanmutungen eine neue Präsenz. Marmor war hier das große unumgängliche Thema, aber eben nicht die exakte Imitation der Naturvorlage, sondern deren Verfremdung, z.B. durch die Anwendung von Zoom. Die so herausvergrößerten Details geben jede Aderung detailreich wieder, unterstreichen verästelte Bruchstellen und machen so das „Innenleben“ des Steins sichtbar. Eine attraktive optische Tiefe wird durch Glanzauftrag oder zarten Metallic-Schimmer und Lappato-Techniken erreicht. Sie verleihen den Feinsteinzeug-Oberflächen viel Ausdrucksstärke und verfeinern deren Haptik. 

Stichwort 60er Jahre: Grafik-Dekorationen im Stil der Op-Art mit Streifen, linearen Mosaiken und Motiven in 3D-Optik (Vives).

Das oft verwirrende Formatchaos scheint überwunden, die meisten Hersteller bieten wohldurchdachte, modular kombinierbare Größen an, allen voran 60×120 und 120×120 cm.

Beim Familienunternehmen Azulindos y Marti arbeitet man nach Vorlage von Farbfotos. Hier
lassen sich die Farben alter Dachziegel erahnen.

Farbe war in allen Sortimenten ein entscheidendes Element, wobei die Regeln für die Dekoration keineswegs starr sind und Raum für mutige Kompositionen lassen. Farben stehen vor allem bei den Wandfliesen im Fokus, für den Boden gibt es passende Großformate in ruhigeren Tönen. Im Mittelpunkt stehen satte Farben, gewagte Designs und immer wieder Gold-Highlights, die sich auf den Oberflächen als Perlglanz, Glimmer oder „Stardust“-Effekt niederschlagen.

Elegant vervollständigen die Wandfliesen mit Goldhighlights in Wischoptik den angesagten Stil der 60er Jahre (Apavisa).

Optimierte Technologien

Cevica konzentriert sich auf individuelle Kleinformate mit abgestimmter Dekoration, hier Serie „Chintz“ in Feinsteinzeug für Wand und Boden.

Bei Glasuren und Oberflächen gab es interessante Weiterentwicklungen, die meiner Meinung nach den Status der Spanier als Trendsetter untermauern. Eine neu entwickelte Technologie ermöglicht z.B. besonders aufwändige Designs, die bisher eigentlich nur von Hand gemalt werden konnten: das Muster sehr feingliedriger, gemalt wirkender Dekorationen wird dabei als Granulat auf eine mit Kleber versehene Vorlage gestreut. Das überschüssige Pulver wird vor der Endfertigung weggeblasen und übrig bleiben Dekore mit einem beeindruckenden Effekt, die man sonst nur aus der Miniaturmalerei kennt.

Arcana will sich vom Typischen abheben – man verfolgt keinen Trend, sondern legt den Fokus auf die Entwicklung ungewöhnlicher Optiken.
Bodenfliesen in Terrazzo-Optik bei der die Einsprengsel in Holz- und Goldanmutung eingestreut sind (El Molinas).

Innovative Oberflächen

Der Apavisa Stand war im Stil einer Kunstgalerie konzipiert – die verschiedenen Formate, Optiken und Farben waren wie Gemälde gehängt.

Auch im Bereich der Glasuroberflächen zeigten die spanischen Produzenten ihre Innovationsfähigkeit. So z.B. bei glasierten Feinsteinzeug-Oberflächen mit erhöhten Trittsicherheitswerten, die mit R10 bis R12 angegeben wurden. Beeindruckend fand ich eine Innovation, die Produzent Roca präsentierte: Unter dem Namen „In and Out“ ermöglicht diese neue Technologie, dass eine Fliese im trockenen Zustand die Rutschsicherheit R10 aufweist, wenn sie jedoch nass wird (Dusche, Regen auf der Terrasse…) erhöht sich die Trittsicherheit auf R11/B. Dies wurde laut Hersteller auf der schiefen Ebene getestet. In der Pressekonferenz war zudem zu erfahren, dass einige Hersteller ihren Fliesen mittlerweile Leuchtpigmente beimischen und dass z.B. Kobalt (aus recycelten Handybatterien, wie erklärt wurde) als Pigment für Metallic-Effekte eingesetzt wird.

Die Cevisama 2021 findet von 8.-12.Februar in Valencia statt.

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