Kurt Ohnsorg: Keramik aus Leidenschaft

Kurt Ohnsorg, am 25. 12.1927 in Sigmundsherberg geboren und am 22.9.1970 in Gmunden aus dem Leben geschieden, studierte an der Hochschule für Angewandte Kunst in der Klasse Robert Obsieger Keramik und schloss 1950 mit Diplom ab. Mitte der 1950er Jahre bezog er in Wien seine erste Werkstätte, die rasch ein Treffpunkt verschiedenster Künstler, Literaten und Musiker wurde.

Mit der Gründung des „Josef-Hoffmann-Seminars (gemeinsam mit Alfred Seidl) 1961, dem 1964 gestarteten „Internationalen Sommerseminar für Keramik“ in Gmunden und in engem Zusammenhang damit der 1969 an der Linzer Kunstschule etablierten Professur und Meisterklasse für Keramik setzte er in den 1960er Jahren institutionelle Meilensteine für die österreichische Keramik. Mit Freunden und Kollegen realisierte er erstmals auch die Möglichkeit, direkt in den Keramikfabriken in Gmunden (Werk Engelhof der ÖSPAG) und in Wilhelmsburg (Formgebungssymposion 1966 in der ÖSPAG) mit der dort vorhandenen Infrastruktur zu arbeiten.

Meisterklasse

Wie sehr Kurt Ohnsorg sich für eine künstlerisch-keramische Infrastrukturschaffung interessierte und engagierte, zeigt die Einrichtung einer Professur und Meisterklasse für Keramik an der damaligen Kunstschule Linz 1968/69, Start im Sommersemester 1970, wo er durch sein Wirken und seine Persönlichkeit maßgeblich zu ihrer Etablierung beitrug (noch heute existiert die Meisterklasse im Rahmen der Linzer Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung, für deren Weiterentwicklung zur Staatlichen Hochschule 1973 Kurt Ohnsorg mit seiner Keramik-Meisterklasse einen wichtigen argumentativen Baustein bildete.

Hohe Ziele

Im Spannungsfeld von angewandter und freier künstlerischer Arbeit steht er in der Tradition der Wiener Werkstätte und japanischer Kunst. Wie viele seiner KollegInnen waren es finanzielle Gründe die es verhinderten, dass er sich bis Ende der 1950er Jahre ausschließlich seinen freien Arbeiten widmete. Zum Selbstverständnis seines Arbeitens schreibt er: „Die Liebe zum Handwerk ist nicht als sentimentale Neigung anzusehen, sondern als die nach wie vor vollkommenste Möglichkeit des Menschen, sich mit der Materie auseinanderzusetzen. Und diese Auseinandersetzung kann man sich nicht ersparen… Wer sich der Mühe der Beherrschung der Materie nicht unterzieht, bei dem kann sowohl Persönlichkeit als auch Künstlerschaft als fragwürdig gelten…“

Radikaler Avantgardist

Seine künstlerische Leidenschaft galt den Oberflächen und damit der Glasur. Er entwickelte dafür eigene Verfahrensweisen (in Gmunden in Zusammenarbeit mit Alfred Zinhobl), brach die glatten Oberflächen auf und schuf eine radikale Antiästhetik als Gegenposition zur österreichischen Keramik der Jahrhundertwende. Die oft vulkanisch wirkenden Oberflächen sind von einer farblich beeindruckenden Expressivität und Vitalität und zeugen von einem großen technisch-experimentellen und künstlerischen Charakter. Immer wieder finden sich nicht nur seine „Gefäße“, sondern auch rein plastische Arbeiten (ursprünglich wollte Ohnsorg Bildhauer werden – in diesem Zusammenhang bezeichnete ihn Otto Breicha als den „Wotruba der Keramik“). Von den sogenannten miniaturhaften „Wuzzelfiguren“ bis hin zu leider nur mehr bedingt vorhandenen Großplastiken im öffentlichen Raum in Wien spannt sich formal dabei sein Oeuvre. Sein in Vielem radikales Schaffen markiert die avancierteste Position der Nachkriegskeramik in Österreich – noch für die heutigen mit Keramikmaterial arbeitenden KünstlerInnen ist sein Werk ein unbedingter Referenzraum.

HINWEIS: Anlässlich des 90. Geburtstages von Ohnsorg (1927-1970) ist bis 16. April in St. Pölten eine retrospektive Ausstellung („Kurt Ohnsorg – Keramik aus Leidenschaft“) im NÖ Dokumentationszentrum für Moderne Kunst zu sehen. Zum Schaffen des Keramikkünstlers wird an seinem Werkverzeichnis weitergearbeitet. Da zahlreiche Arbeiten des Künstlers ohne Werkdokumentation in Umlauf gekommen sind, ersuchen wir um Werkhinweise. Informationen privater Herkunft werden selbstverständlich diskret behandelt. Kontakt: Carl Aigner (carl.aigner@museumnoe.at), Elisabeth Baumgartner (elisabeth.baumgartner@live.at), Claudia Mayer-Rieckh (claudia@mayer-rieckh.com).

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