Giorgio di Palma verwandelt mit Keramik das Nutzlose in Bedeutsames, er verewigt Momente. Mit seinen handgefertigten funktionslosen Inspirationen aus Alltagsgegenständen hat er sich sein ganz eigenes grellbuntes und bisweilen anarchisches Keramikuniversum erschaffen. Seine Objekte präsentieren sich mit stark farbigem Erbe der Pop-Art spielend, mit ironischem Augenzwinkern, bisweilen aber auch hochdramatisch mit existenziellem Pathos.
VON DER ARCHÄOLOGIE ZUR KERAMIK
Giorgio di Palma wurde 1981 im süd-italienischen Grottaglie (Taranto) geboren, einem bedeutenden Ort historischer Keramikproduktion. Nach der Matura an einem naturwissenschaftlichen Gymnasium studierte er Archäologie. Für Archäologen waren Keramikobjekte schon immer von grundlegender Bedeutung, um die Fäden der Geschichte zu verstehen, zu datieren und mit der Gegenwart zu verbinden. Manchmal ist ein einzelnes Keramikfragment ein wertvoller Hinweis, der Aufschluss darüber gibt, was seit Jahrhunderten unterirdisch vergraben ist.
Als Giorgio di Palma 2010 nach mehreren Auslandsjahren nach Grottaglie zurückkehrte und im Atelier seines Vaters, des berühmten Keramikkünstlers Luigi di Palma, mit Ton zu arbeiten begann, verschmolzen alle bisherigen Einflüsse und Erfahrungen – Archäologie, alltägliche und dennoch bedeutsame Objekte, Geschichtenerzählen, suburbane Kultur – explosionsartig zu einer bunten Welt keramischer Objekte und Skulpturen, die sich völlig von der Tradition seiner Heimatstadt und seines Heimatlandes unterscheidet.
Giorgio di Palma hat als einer der originellsten und vielseitigsten Künstler der aufstrebenden italienischen Keramikszene bereits eine international höchst erfolgreiche Karriere durchlaufen. 2017 wurde er bereits mit dem renommierten Fule Prize der ICMEA (International Ceramic Magazine Editors Association) im Rahmen des internationalen Wettbewerbs für herausragende Keramikkünstler ausgezeichnet. Seine Werke sind in zahlreichen Museen und sowohl in öffentlichen wie in privaten Sammlungen in Europa, Asien und Amerika zu sehen. 2013 gründete er gemeinsam mit dem Fotografen Dario Miale das multidisziplinäre Künstlerkollektiv Sano/sano, das die Realität auf ironische Weise dokumentiert. Giorgio di Palma arbeitet auch mit öffentlichen Institutionen zusammen, um Keramik zu fördern, wie mit AICC (italienischer Verband für Keramikstädte), mit der Pino Pascali Stiftung in Polignano und mit dem Keramikmuseum in Grottaglie.
„KERAMIKEN, DIE WIR NICHT BRAUCHTEN“
Giorgio di Palma‘s bevorzugter Kontext ist die Zeit zwischen den späten 1970er und frühen 1990er Jahren, in denen sich in den Kellern und Dachböden der westlichen Welt Kisten mit Alltagsgegenständen ansammelten, die paradoxerweise schwer zu entsorgen schienen: Konsumgüter im Pop-Stil, auf Personen zugeschnitten, für die in die nach 1968 hineingeborene Generation, aber auch für die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit gedacht.
Farbenfroh, kühn, oft mit raffinierten Details, sofort verständlich, ausnahmslos ansprechend, zeigen seine Keramiken die Nutzlosigkeit der ursprünglichen Objekte, ungeachtet der offensichtlichen Einfachheit seiner Technik (aufgebaut, Niedertemperaturbrand und Glasur).
Giorgio di Palma stellt aus Ton eine ganze Reihe unterschiedlichster Objekte her: Luftballons, Spielzeugboote, Arbres magiques, Eiscreme, Lollies, Fußbälle, Glühbirnen, Teddybären, Boxen, Wasserpistolen, Oliven, Skateboards, Polaroids, Plattenspieler, Kassetten, Zigaretten, Kaugummi, Münztelefone, Schreibmaschinen…
Seine Keramiken, die nicht gebraucht wurden, sind Reproduktionen von Alltagsgegenständen in realen Dimensionen, ohne Funktionalität, aber voller ästhetischer und konzeptueller Bedeutungen.
Giorgiodi Palma verarbeitet Ton hauptsächlich in Plattenbautechnik, indem er die Objekte glasiert und bei niedriger Temperatur brennt. Tatsächlich gestaltet Giorgio di Palma nicht nur Keramik, sondern auch Zeichnungen, Performances, Videos, Fotografien und Publikationen.
KERAMIK UND ERINNERN
Giorgio di Palma‘s antifunktionale Objekte feiern die Ewigkeit der Kunst, indem sie Konsumgüter durch die subtile Eleganz der Keramik in ästhetische und dekorative Objekte verwandeln. Die Objekte, die der Keramiker präsentiert, knüpfen an Erinnerungen an, die in einer vergangenen verspielten, kindlichen Zeit Platz fanden. Alles findet sich, in Terrakotta geformt: Sandwiches, Popcorn, kohlensäurehaltige Getränke, Luftschlangen, Fahnen, Geschenke, Schuhe und orangefarbene Fußbälle.
Giorgio di Palma führt ganz unterschiedliche Arbeiten aus: Wenn er sich mit Skulpturen beschäftigt, scheint er lieber am kollektiven Gedächtnis zu arbeiten und Objekte wiederzubeleben, die alle vor den 1990ern Geborenen benutzt, berührt, manipuliert, verehrt, zerbrochen, getauscht, verkauft, vielleicht entwendet haben. Arbeitet er hingegen mit Video in Zusammenhang mit Residency-Projekten, dann wird der individuelle Blick auf die jeweils aktuelle Landschaft ausgelöst, auf das Hier und Jetzt, auf das menschliche, soziale, persönliche, kulturelle, territoriale Umfeld.
Und dieser profunde Blick, verbunden mit dem Giorgio di Palma charakterisierenden ironischen Augenzwinkern, schenkt dem Publikum beim Betrachten seiner Kunstwerke Erlebnisse, die bleiben.
KONTAKT
Giorgio di Palma lebt und arbeitet in Grottaglie (TA).
Tel.: +39 3277831815
E-Mail: info@giorgiodipalma.com
Website: www.giorgiodipalma.com
Atelier: Via Caravaggio 23, 74023 Grottaglie (TA), Italien