Die Stube als Begriff für Ofen und beheizter Raum steht in einem engen Zusammenhang mit der Entwicklung einer weit verbreiteten Ofenkultur. Spannt man den Bogen über die afrikanischen Sandbettöfen zu römischen Hypokaustanlagen und den kleiner, für den Hausgebrauch dimensionierten koreanischen Ondolöfen (Ondol = warmer Stein) so reiht sich der Kachelofen als zentrale Einraum- oder Mehrraumheizung in das Schema Kammer – Küche – Stube als relativ ökonomische Heizung. Marc Grodwohl summiert Kachelofen – Kammer – Küche zu 3K und gibt mit der Ofenkunscht einen Link zu Lavanter Hans Rudolf. Lignea Altas. Die Anfänge der „Holzsparkunst“ (1555-1576).
Mikroklima Ofenhöll und Thermohimmel
Im Volksmund wird der besonders warme Liegebereich zwischen Ofen und Wand gerne als „Ofenhöll“ bezeichnet. Eigentlich dürfte es sich dabei um die Ofenhel (Hel aus dem Germanischen abgeleitet und im Gegensatz zu Wall als gemauerte Wand angesehen) handeln. Dieser beliebte Ort als thermisch aufgeladener Zwischenraum im Umfeld eher geschlossener Räume (Küche – Kammer – Stube) kann sich im offenen Wohnen relativ frei in den Raum gedreht durchaus zu einem „Ofenhimmel“ entwickeln. Eine solche Entwicklung heraus aus der Ofenhöll in Richtung eines fein abgestimmten Mikroklimabereichs „Ofenhimmel“ verlangt selbstredend ein höllisches Engagement in der Gestaltung, denn die Ansprüche eines Ofenhimmels liegen deutlich über dem Level einer Ofenhöll. Der Ofenhimmel ist ein wohltemperierter Thermospot, in dem sich das „Prinzip Kachelofen“ realisiert, also ein Wirkungsbereich angenehmer und gesunder Wärmestrahlung. Sichtfeuer und ergonomisch gestaltete Wärmekontaktflächen in Kombination mit Sitz-, Lehn- und Liegeflächen ergeben einen Wohlfühlbereich höchster Güte. Selbst dort wo kein Holzbrand möglich ist lassen sich diese Thermospots ansprechend gestaltet realisieren. Klare räumliche Konzepte, wie links aufgezeigt, können Gestaltungsparameter für Ofenentwürfe sein, die eine überzeugende und nachhaltige Wirkung erzielen.
BUs, immer links rechts…
Räuberleiter 4K Konzept
Konstruktiver Kontext
Es geht darum, den Ofen oder die Ofenanlage unter möglichst vielen Aspekten in Einklang zu bringen und Grundlagen für die Entwurfsentscheidungen zu erarbeiten: Wie gestaltet man eine Ofenanlage, dass sie auch noch nach Jahrzehnten überzeugt; genügt ein Modetrend oder wird man bloß von einem Hingucker oder gar einen Eyecatcher in seiner Wahl überrumpelt?
Konstruktives Konzept
Nun geht es um so praktische Dinge wie eine gut abgestimmte Grundrisslösung, wie sehe ich zum Ofen hin, was erfasse ich von einer Ofenbank aus betrachtet, integriert man eine Bank, eine Liege oder gar ein bequemes Sofa als Teil der Wohnlandschaft? Welchen Stellenwert räumt man dem Ofen mit oder auch ohne Sichtfeuer überhaupt ein? Wie abgestimmt sind Sicht- und Sprechdistanzen?
Kompatibler Aufbau
Das vorspringende Sims ist ein rudimentäres Relikt architektonischer Fassadengestaltung der Renaissance und hat am Ofen speziell in Schulter oder Kopfhöhe eigentlich nicht viel verloren. Ein grundsätzlicher Wandel in ergonomischer und haptischer Ausrichtung wurde kaum gepflegt, moderne Architekturdetails sind selten angedacht und ausgeführt.
Kompatible Details
Ofenkeramik bedeutet nicht zwingend Ofenkacheln im herkömmlichen Sinn. Es lassen sich keramische Wärmekontaktflächen ergonomisch gestalten. Thermolehnen und Thermoschalen stehen erst am Beginn ihrer Entwicklung als Teil eines in den Raum und die Möblierung integrierten Ofenensembles. Grenzflächen und Grenzkanten müssen so detailliert sein, dass Material und Funktionswechsel aufeinander abgestimmt wechselweise eingesetzt werden können.
Vertieft man sich in Peter Sloterdijks Sphären I-III, so kann man die komplexen Bezüge einer umfassenden Gestaltung mit seiner Einteilung der räumlichen und gefühlsmäßigen Beziehungen in der Gestaltung eines Ortes gut strukturieren. Damit lässt sich ein Bewusstsein und in der Folge mehr Klarheit in die Entwurfsansätze bringen. Kein Ofen steht für sich allein, er ist immer im Dialog mit seinem Umfeld und Ergebnis bewusster und unbewusster Entscheidungen.
Wie abgestimmt sind Sicht- und Sprechdistanzen, so dass der Ofenbereich sowohl Kontaktbereich als auch geschützter Ruheplatz ist? Welche Temperaturgradienten sind wo erwünscht? Wie organisiert sind praktische Nebensächlichkeiten wie Ablagen und wie steht es um Tageslicht und Kunstlicht wenn man auf der Ofenbank Platz genommen hat und gar ein Buch lesen möchte?
In technischer Hinsicht wurden in den Ofenkonstruktionen große Fortschritte gemacht. Design und Detailgestaltung der Ofenkörper verharrt dennoch weiterhin im Dornröschenschlafmodus, da ist derzeit nicht viel hinter dem Ofen hervorzuholen.
Moderne 3D-Architekturen verlangen entsprechende Details. Reversformen bieten eine Vielzahl an Fugendetails und ersetzen lineare Simsprofile. Im Beitrag Entwerfen für Hafner zum Jahresende lässt sich alsdann anhand konkreter Beispiele für verschiedenste Kanten und Ecklösungen das Sims verwerfen.
Grafiken und Fotos: AutorAUTOR: Architekt Peter Linser erarbeitet kontinuierlich innovative Konzepte für Kachelöfen. Kontakt: peter@linser.at