Als Designerin entwarf Vera Wiedermann viele Jahre Tableware und konzipierte künstlerische Projekte, wie Installationen und Pop-Up Lokale zum Thema Kulinarik und Nachhaltigkeit, bevor sie 2021 mit dem Drehen begann.
Das Medium Keramik lernte sie während ihrer Studienzeit in der Keramikklasse an der Universität für angewandte Kunst Wien kennen. Nachdem sie viele Jahre Gegenstände entworfen hatte und nur die Prototypen ihrer Produkte selbst anfertigte, sehnte sie sich nach Veränderung. Denn wenn sie die Produktion auslagerte, fehlte es den Erzeugnissen am Ende meist an Persönlichkeit. Hinzu kam, dass sie sich nach einer achtsamen handwerklichen Tätigkeit sehnte. Dies war der Anfang eines künstlerischen Abenteuers: Seitdem entstehen in aufwendiger Handarbeit und mit viel Liebe zum Detail Objekte aus Steinzeug, deren Verwendung vielseitig ist.
Perfekt unperfekt
Vera Wiedermanns Werke sind in ihrer Funktionalität nicht fest definiert. So kann eine Schale auch als Becher, eine Vase als Topf oder ein Teller als Untersetzer benutzt werden. Fest steht nur: jedes handgefertigte Produkt ist ein absolutes Unikat. Die Kombination verschiedener Tonfarben gibt ihnen einen außergewöhnlichen Charme. Alle Stücke sind in Form und Farbe unterschiedlich und durch die bewusst eingesetzte unperfekte Perfektion kleiner handwerklicher Makel einzigartig. Die Objekte werden im Atelier im Innsbrucker Stadtteil Mühlau gedreht und fertiggestellt. Ein nahegelegener Schauraum erweitert die Werkstatt. Zwei bis drei Monate dauert ein Produktionszyklus, an dessen Ende fast alle neuen Einzelstücke fotografiert werden. Von Fotos und Logo bis hin zum Webshop – hier kommt wirklich alles aus einer Hand. Dinnersets suchen ihre KundInnen hier allerdings vergeblich. Wer ein Objekt mehr als einmal möchte, muss vorbestellen.
Altes Wissen neu interpretiert
Fast jede Saison gibt es etwas Neues. Wie beispielsweise die Butterglocken, ursprünglich ein Sonderwunsch einer Kundin. Sie sind in ihrem Prinzip clever und einfach zugleich: Das Gefäß wird mit Salzwasser gefüllt, der Butterblock in die Glocke gestrichen. Verschlossen und außerhalb des Kühlschrankes aufbewahrt, bleibt die Butter dabei streichfähig und durch den luftdichten Abschluss haltbar. „Das Wissen, wie Lebensmittel richtig gelagert werden, wird seit Erfindung des Kühlschrankes leider nicht mehr an die nächste Generation weitergegeben, “ konstatiert Vera
Wiedermann, die sich schon länger mit dem Thema auseinandersetzt.
So produzierte sie mit der Firma Riess Emaille 2013 eine Serie von Obstschalen. Füllt man die unglasierte Keramikschale mit Wasser und bewahrt Obst oder Gemüse in einem gelochten emaillierten Einsatz auf, verlängert sich dessen Haltbarkeit. Das Prinzip folgt dem eines Weinkühlers, welcher die Flasche durch Verdunstungskälte kühlt, nur dass hier der Verwelkungsprozess verlangsamt wird. Einige Grad Abkühlung und die erhöhte Luftfeuchtigkeit machen aus der Obstschale einen autarken Kühlschrank. Das Set ergänzt ein Deckel, der als Brotbackteller verwendet werden kann und eine induktionsfähige emaillierte Schale mit Brat- und Kochfunktionen.
Nachhaltig und minimalistisch
Wiedermanns Gefäße sind henkellos, ihre Vasen schlicht, einfärbig und größtenteils unglasiert. Alle ihre Objekte sind funktional und minimalistisch: Ein Schlitz in ihren 2010 produzierten Porzellanbechern verhindert, dass der Teebeutel hineinfällt. In die dazu passenden Unterteller formte sie eine Vertiefung, in welcher der benutzte Teebeutel abgelegt werden kann. Auch Nachhaltigkeit spielt für sie eine große Rolle: „Besonders schätze ich, dass in der Werkstatt durch das Wiederaufbereiten des Tons kaum Abfall entsteht und meine Glasuren wasserlöslich, bleifrei und ungiftig sind. Außerdem wird mein Atelier mit Sonnenenergie aus eigenen Solarpanelen versorgt. Das macht mich kostenunabhängig und gibt mir Sicherheit in energiekritischen Zeiten,“ so die Künstlerin.
Vera Wiedermann Keramik
Atelier: Richardsweg 23/5, 6020 Innsbruck
Showroom: Arzler Straße 78b,
6020 Innsbruck
Öffnungszeiten nach Vereinbarung
www.verawiedermann.com
Text und Fotos: Vera Wiedermann