Taxistreik, Ausstand am Flughafen, rückläufige Bauzahlen in ganz Europa – der italienische Herstellerverband Confindustria Ceramica hatte sich das Umfeld für die Cersaie Messe im Jahre des 60-jährigen Bestehen des Verbandes bestimmt anders vorgestellt.
Der erste Messetag hakte etwas. Wenn in Bologna keine Taxis fahren, ist das ungefähr so als wenn in Venedig die Gondeln im Hafen bleiben. Nach subjektivem Empfinden war der Montag etwas ruhiger, was sich aber auch von Messehalle zu Messehalle unterschiedlich darstellte. Anscheinend kamen die Montagsbesucher dann am Dienstag, denn nach Auskunft der Messeleitung war der Dienstag einer der Besucher stärksten Tage, den die Cersaie jemals erlebt hat.
Doch die Besucherzahlen sind noch lange kein Gradmesser dafür, wie gut eine Messe ist oder wie schlecht es einer Branche geht. Inzwischen sind viele Branchenexperten doch sehr pessimistisch geworden. Kein Wunder, die schlechten Zahlen der Bauwirtschaft in ganz Europa und die Produktionsrückgänge und Umsatzeinbrüche in der Industrie machen nervös.
Eine Branche im „stand by” Modus
Die Fliesenbranche scheint im „stand by“ Modus zu sein. Unternehmen, die es sich leisten können, investieren in die Produktion und Ausstellungen, um beim hoffentlich bald kommenden Aufschwung gerüstet zu sein. Allerdings werden nicht alle Firmen finanziell den langen Atem haben, um die derzeitige Durststrecke schadlos zu überstehen – siehe deutsche Fliesenindustrie. Eine weitere Konsolidierung auf Industrieseite wird unumgänglich sein. Wer sich allein die Liste der ehemals deutschen Hersteller anschaut, die vormals in Bologna vertreten waren, weiß wohin die Reise auch für die europäische Fliesenindustrie gehen wird.
Keine Trendmesse mehr
Die Cersaie selbst hat sich ebenso wie die Branche stark verändert – eine Trendmesse ist die Cersaie nicht mehr. Während Besucher und Presse bei früheren Veranstaltungen immer auf der Suche nach dem goldenen Gral der Trends war, suchte man schon seit einigen Jahren vergeblich nach spektakulären Designideen oder Farbtrends. Die ausgereifte Inkjettechnik macht die Produkte in den Bereichen Dekoration, Farben, Design etc. immer vergleichbarer, Kopien von erfolgreichen Serien können immer schneller realisiert werden. Kein Wunder, dass der Trendbericht auf der diesjährigen Pressekonferenz wenig erhellendes Neues präsentierte.
Glossy-Ink und Shape-Ink sind die neuen Trends
Also besinnt sich Branche auf die technischen Eigenschaften der Keramik. Die Glasurtechniken werden immer raffinierter und ausgefeilter. So lassen sich z.B. mit Klebern, die per Digitaltechnik aufgetragen werden (Glossy Ink-Verfahren), ganz neue Glanzeffekte erreichen, die zudem haptisch erlebbar sind.
Ein weiteres neues Produktionsverfahren ist die Shape-Ink Technologie, die passend zur Grafik die Struktur der Fliesen hervorhebt. Zwei Techniken, die insbesondere bei Natursteinimitationen zum Einsatz kommen. So lassen sich quasi endlose Natursteindekorationen oder Holzoberflächen ohne Wiederholungseffekt erzielen.
Herzlichen Dank an www.1200grad.com für den Bericht!
CERSAIE 2024
Zahlen, Daten, Fakten
Die 41. Ausgabe der Messe, die vom 23. bis 27. September im Messezentrum Bologna stattfand, umfasste 15 vollständig belegte Hallen mit einer Gesamtfläche von 145.000 m2. Insgesamt waren 606 Unternehmen vertreten, darunter 332 aus dem Bereich Keramikfliesen, 91 aus dem Bereich Badezimmereinrichtungen sowie 183 aus den Bereichen Installation, Rohstoffe, neue Oberflächen und Dienstleistungen. Die fünftägige Veranstaltung zog 95.321 Besucher an und damit 4 % weniger als im Vorjahr.
Die nächste Cersaie findet vom 22. bis 26. September 2025 in Bologna statt.