Vor der Erfindung der Glaskeramik konnte man das Flammenspiel nur in einem offenen Kamin erleben, der mehr Prestige als Wärme spendete. Kachelöfen waren effiziente Heizgeräte, hatten aber einen mit Metalltüren geschlossenen Feuerraum. Heutige Ofenscheiben sind faszinierende High-Tech-Komponenten mit vielen Funktionen.
Eine großzügige Feuersicht steht bei Ofen- und Kaminfreunden häufig an erster Stelle auf der Wunschliste: je mehr und größer, desto besser. Tunnel- und Eckkamine bieten schon Sicht von zwei Seiten und bei rahmenlosen dreiseitigen Kaminen oder gar zentral aufgestellten Modellen mit voller Rundumsicht bekommt man den Eindruck, die Ursprünglichkeit des Feuers mitten im Raum erleben zu können. Ohne eine Sichtscheibe aus Glaskeramik wäre dies nicht möglich. Ohne einen geschlossenen Feuerraum wie er mit Glaskeramik erreicht wird, läge der Wirkungsgrad (die Effizienz) des eingesetzten Brennstoffs im offenen Kamin auch lediglich bei rund 15 bis 20 Prozent, bei geschlossenen Kaminen werden bis über 80 Prozent erreicht. Das ist allerdings nur einer der Vorzüge, der sich durch Glaskeramik-Sichtscheiben ergibt; weitere sind die Sicherheit vor Funkenflug und vor austretenden Rauchgasen, die ja nicht nur eine Geruchsbelästigung, sondern auch eine Gesundheitsgefährdung für die Bewohner darstellen können.
Angesichts der heutigen Verbreitung von Glaskeramik in vielen Lebensbereichen ist es erstaunlich, dass dieses faszinierende Material erst in den 1950er-Jahren beim US-amerikanischen Hersteller Corning entwickelt und zunächst nur allmählich industriell genutzt wurde. In Deutschland wurde und wird Glaskeramik überwiegend von Schott weiterentwickelt und produziert – zunächst bekannt unter dem Markennamen Ceran, das seinen Siegeszug ab den 1970er-Jahren bei Kochfeldern in der Küche begann und zu einem Weltbestseller wurde, der über 200 Millionen Mal verkauft wurde und das Leben in der Küche für immer verändert hat. Die spezielle Glaskeramik für den Ofenbereich firmiert bei Schott unter dem Markennamen Robax. Bei der Entwicklung neuer Glaskeramiken und Gestaltungsformen arbeitet Schott unmittelbar mit und für viele der großen Firmen der Ofenbranche. Mit der japanischen Nippon Electric Glass Group gibt es weltweit eigentlich nur noch einen dritten Hersteller, der in nennenswertem Umfang Glaskeramik entwickelt und fertigt – in Deutschland seit fast 40 Jahren in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit dem Traditionsunternehmen Hecker Glaskeramik GmbH & Co. KG. Hecker Glaskeramik „neoclear“ wurde bisher in mehr als 10 Mio. Kamineinsätzen und Kaminöfen eingesetzt. Damit ist auch dieses Unternehmen in Europa einer der führenden Lieferanten.
Außer mit besonders anspruchsvollen Formen und immer neuen Verfahren auch zur farblichen Gestaltung von Kaminscheiben beschäftigen sich die Glaskeramik-Hersteller seit einigen Jahren mit einer anderen Herausforderung: dem von Ofenkunden forcierten Trend zu immer größeren Feuerräumen und Sichtscheiben. So verständlich der Wunsch nach einem immer intensiveren Feuererlebnis ist, so problematisch kann er aus wärmetechnischer Sicht sein, denn über die Kaminscheibe wird der maßgebliche Anteil der Strahlungswärme an den Aufstellraum abgegeben. Das wiederum kann bei der heute üblichen Niedrigenergie-Bauweise sehr schnell zu einer Überwärmung führen. Versuchen Ofennutzer gegenzusteuern, indem sie durch weniger Holzaufgabe in der großen Brennkammer die Wärmeleistung zu reduzieren versuchen, folgt ein nächster negativer Effekt: Der Kamin oder Ofen arbeitet dann nicht im optimalen Temperaturbereich und die Sichtscheibe wird schwarz. Das ist außerdem ein Zeichen für ansteigende Emissionen. Doch auch dafür haben die Glaskeramik-Hersteller inzwischen Lösungen entwickelt: Durch hauchdünne und optisch kaum wahrnehmbare Metallbeschichtungen wird ein Teil der Ofenwärme in den Brennraum zurück reflektiert, was dort die Temperaturen erhöht und den Wärmeaustritt in den Wohnraum begrenzt. Ein weiterer Weg zu demselben Ziel sind Doppelverglasungen, die ähnlich wie bei Fenstern den Wärmeübergang verringern. Dieser Effekt lässt sich durch die Kombination mit der Metallbeschichtung noch steigern. Die wird dann bevorzugt auf der Innenseite zwischen der Doppelverglasung aufgebracht, um jede mechanische Beschädigung zu unterbinden.
Trotzdem sollten Ofen-Interessenten es mit der Größe der Kaminscheibe nicht übertreiben. Ein kompetenter Ofenbaubetrieb ist sogar verpflichtet, bei der Kundenberatung auch entsprechende Empfehlungen für eine sinnvolle Größe des Kamin- oder Heizeinsatzes sowie der Sichtscheibe zu machen, denn nach den Fachregeln muss sich die abgegebene Heizleistung am Wärmebedarf des Aufstellraums orientieren.